Tornhaim

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Der Fischer und der Bärenkönig




Liedgut und Geschichten

Der Fischer und der Bärenkönig

Beitragvon Samara Silberkehl » Di 22. Jul 2014, 14:41

"Vor langer Zeit, als die Dunkelelben welche die Bauern als Droff kennen, schon lange nicht mehr auf Tornhaimer Schollen wandelten, kam der König der Bären in dieses Land.
Niemals zuvor und niemals danach sah man einen Bären von solcher Größe und kräftiger Gestalt. Eine silberne Krone trug er auf dem Haupte und Silberfäden im Fell. Sein Brüllen ließ selbst die dicksten Eichenstämme erbeben und drang bis in das Land, wo die Menschen bunte Kleider und hohe Hüte tragen. So drang sein Rufen auch bis in die Hütte des Enod, welcher zu seiner Zeit ein Fischer war und eine Frau und fünf Kinder hatte.
Enod erschrak ob des Lärmes, welcher ihn noch vor dem Erwachen der Sonne geweckt hatte. Seine Frau aber hieß ihn, nachzuschauen, da sie um ihre Kinder bangte. So nahm er seinen längsten Bogen und die besten Pfeile und trat vor die Hütte.
Schwarz fiel ein Schatten auf ihn und die ersten Sonnenstrahlen blendeten ihn als Widerschein in der silbernen Krone des Bärenkönigs. Und dieser sprach nun mit gewaltiger Stimme zu Enod: "Ich bin König Boar, der Erste und Größte unter den Bären und gekommen, um mir dieses Land untertan zu machen! Du wirst mir ein Festmahl sein und an deinen Gedärmen will ich mich satt essen!"
Da überkam Enod die Angst und dann die Wut. Doch sein Arm war nicht hart und seine Hand nicht ruhig. Seine Pfeile gingen fehl und erzürnten Boar um so mehr. "Nun werde ich auch deine Kinder und dein Weib verschlingen! Dies nicht, weil mich hungert, sondern zur Strafe deines Vergehens gegenüber König Boar!"
Da weinte Enod und flehte bitterlich um Verzeihung. Alles wolle er tun, nur damit seinem Weibe und den Kindern nichts geschehe. Der König sann einen Augenblick darüber nach und sprach dann: "Ich sehe, du bist Fischer und so sollst du mir dienen. Von heute an wirst du mir jeden Tag, wenn sich der erste Sonnenstrahl am Horizont erhebt, am engen Fluss ein Mahl bereiten. Es soll sein ein Mahl mit Drei Mal Drei Fischen, nicht weniger als Drei Tatzen lang! Solange du dies tust, werde ich dir oder deinem Weib oder deinen Kindern kein Haar krümmen. Aber sprich mit niemandem von dienem Dienst!"
Und so geschah es von nun an, Tag für Tag, bevor der erste Sonnenstrahl den Horizont erklimmen konnte, dass Enod dem Bärenkönig ein Mahl bereitete. Aber es war ein schwerer Dienst, denn was er dem Bären darbot, das fehlte auf Enods Tafel. So geschah es, dass das erste Kind verhungerte. Und genauso geschah es, dass das zweite Kind verhungerte und ein nächstes tot auf die Welt kam, denn auch Enods Frau hungerte. Nun drückte den Fischer diese Last so schwer, dass er seiner Trauer am See nachhing. Unter seinen Tränen stieg das Wasser an und als es seine Füße erreichte, da wurde ihm Hoffnung und Mut im Herzen geboren. Eine Stimme kam vom See, verborgen im hellen Glitzern der klaren Wasser. "Nimm deinen Beutel und fülle ihn mit meinem Wasser. Dies soll das Mahl sein, das du dem Bärenkönig reichest." So sprach die Stimme und verging.
Enod folgte dem Rat mit neuem Mute, denn er kannte die Geschichten vom See und dessen Herrin. Der Bär jedoch war erzürnt und schlug mit der Pranke in des Fischers Gesicht. Dieser sah schon, wie ihm die Pranke deb Kopf von den Schultern reißen würde. Aber die Pranke hinterließ nur zwei Schrammen und er taumelte nicht einmal unter des Schlages Wucht. Nun sah er, dass König Boar ein greiser Bär war, dessen Pranke nur noch zwei Krallen hatte und dessen Macht und Kraft einem zottigen, silbergrauen Fell gewichen waren.
Und da Enod ein aufrechter Mann mit gutem Herzen war, reichte er dem Bären das Mahl, wie ihm aufgetragen. Der Bärenkönig erkannte nun die Macht der Herrin vom See und die Güte all ihrer Kinder, als ihm Kraft und Jugend wieder zuteil wurden. Von da an bis ans Ende seiner lobte er die Herrin und dankte Enod, indem er ihm jeden Morgen Drei Mal Drei Fische, keiner weniger als Drei Tatzen lang, vor die Türe legte. Denn nun konnte der König der Bären wieder alleine jagen und fischen und Enod, der Fischer, neue Kinder zeugen und nähren."

Erzählt von der Magd Birkhild auf Burg Eichenwall und niedergeschrieben von Magister Willm von Arlonsberg
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