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Lehnsrecht in der Markgrafschaft Eichenwall




Tornhaim und das Umland

Lehnsrecht in der Markgrafschaft Eichenwall

Beitragvon Eickhart » Sa 15. Feb 2014, 12:14

Eichenwaller Lehnsrecht

Anrea ist ein großes Reich mit vielen unterschiedlichen Regionen. Im Laufe der Geschichte hat sich dabei ein, auf den ersten Blick einheitliches, Lehnrecht entwickelt. Damit ist ein grundsätzlicher, aber noch lange kein feststehender, gleichbleibender Rahmen vorgegeben. Im ersten Abschnitt soll also dieser Rahmen erläutert werden, während im zweiten Teil auf die regelmäßigen und außergewöhnlichen Ausnahmen eingegangen wird. Im dritten und letzten Teil sollen die Rituale und Gesten bei der Lehensvergabe festgehalten werden.
Bei allem liegt das Augenmerk auf den Sitten und Gebräuchen, wie sie am heutigen Tage oder in alten Tagen in Eichenwall, im Norden Anreas, gehalten werden oder wurden. Nur wenig Frauen halten hierzulande Lehen, so dass wir vom Manne sprechen, aber beide meinen, wenn es Sitten und Recht zulassen.


I
Als Lehen wird grundsätzlich ein Gut (meist Land) bezeichnet, welches ein Herr (Lehnsherr) einem anderen (Lehnsnehmer / Lehnsmann) zur Leihe und Nutzung überlässt. Das Eigentum verbleibt beim Lehnsherrn. Im Allgemeinen ist die Vergabe nicht an Zahlungen und Abgaben gebunden. Wohl aber schuldet der Lehnsmann seinem Herrn Dienst. Wer einem Herrn Dienst und Treue verspricht, gilt als Vasall. Der Herr wiederum stellt den Lehnsmann unter seinen Schutz. Somit sind Lehen und Vasallität zu einem verbunden.

Lehensrechte und Lehenspflichten
Ein Lehen kann vom Lehnsmann vererbt, nicht jedoch verkauft oder verpfändet werden.
Der Lehnsherr kann ein Lehen nicht ohne Zustimmung seines Lehnsmannes an einen anderen Herrn übertragen.
Stirbt der Lehnsmann ohne Erben, so spricht man vom Mannfall. Das Lehen geht zurück an den Herrn.
Stirbt der Herr, so spricht man vom Herrenfall. Das Lehen geht an dessen Erben oder den Lehnsherrn des Herrn zurück. Der Lehnsmann soll aber bei bestem Gewissen sein Lehen behalten, also erneuert bekommen. Ist der neue Herr nicht dazu gewillt, so haben alle seine Lehnsmannen darüber zu entscheiden.
Bricht der Herr oder der Mann die Treue, so spricht man von Feloni. Die Vasallität sei damit aufgehoben.
Der Lehnsmann schuldet seinem Herrn Rat, Treue und Dienst (zumeist Kriegsdienst). Um diesen Dienst zu erfüllen, erhält ein ausreichendes Lehen. Dieses ist meist nicht mit weiteren Pflichten und Abgaben belastet. Wohl aber können weitere Rechte wie das Marktrecht, Zollrechte oder andere mit Abgaben belastet sein. Auch hat er Steuern und Abgaben an seinen König zu zahlen.
Der Lehnsherr schuldet seinem Vasall Schutz, Schirm und Treue.
Der Vassall kommendiert sich an seinen Herrn und wird durch dessen Investitur in sein Lehen eingesetzt.

Lehensarten
Es werden die folgenden Lehen unterschieden:
- Kronlehen, welches der Lehnsmann direkt vom König erhält
- Afterlehen, welches ein Vasall aus seinem Lehen an einen Aftervasall weitergibt
- Stiftlehen, welches ein Herr einem Orden, einer Kirche oder der Scola Scire überträgt
- Dienstlehen, welches zur Erfüllung eines Dienstes einem Dienstmann befristet, meist für die Zeit seines Dienstes, überlassen wird
- Burglehen, welches als Dienstlehen einem Burgmann überlassen wird
- Erblehen, welches erblich ist (mittlerweile die meisten)
- Fahnenlehen, welches symbolisch durch Fahnen an einen weltlichen Fürsten gegeben wird
- Schildlehen, welches einem Fahnenlehen vergleichbar, aber an Grafen oder darunter vergeben wird
- Zepterlehen, welches an einen geistlichen Fürsten vergeben wird
- Schupflehen, welches nach dem Tode des Lehnsmannes an den Herrn zurückfällt, die Erben also hinausgeschupft werden

Standesordnung, sogenannte Heerschilder
1. König
2. Geistliche Fürsten (Hoher Rat, Akademieleitung, einflussreiche Kirchenfürsten)
3. Weltliche Fürsten (Herzöge, mächtige Markgrafen)
4. Grafen und Freiherren / Barone
5. Dienstmannen / Ministeriale (Edelfreie / Ritter)
6. Lehnsmannen der Herren des 5. Heerschildes
7. Freie / Ritterbürtige (können selbst kein Lehen vergeben)
Ein freier, ehrenhafter und waffenfähiger Mann kann ein Lehen von einem anderen empfangen, wenn dieser andere in der Heerschildordnung über ihm steht. Empfängt er ein Lehen aus einem geringeren oder seinem eigenen Heerschild, so verliert er an Ehre und Heerschild.
Somit kann der König niemandes Untertan sein und die hohen Fürsten, die ihm Raten und seine Heere führen, können nur ihm verpflichtet sein.

II
Die Verleihung von Land kann auch durch andere Verträge oder in spezieller Form erfolgen. Folgendes wird hier im Allgemeinen unterschieden:

Prekarie
Ein Land, welches befristet ohne Verlangen eines Dienstes (Vasallität), wohl aber gegen sonstigen Ausgleich in Geld oder Gut verliehen wird, nennt man Prekarie. Es kann auf Jahre, Lebenszeit oder auch die Lebenszeit nachfolgender Erben befristet werden. Ob oder in welcher Art ein Ausgleich für die Leihe zu zahlen ist, obliegt der Einigung zwischen Verleiher und Leihenehmer. Auch ein Frondienst mag damit verbunden sein, ohne dass es eines Lehen und eines Vasallen bedarf.

Kommendation
Die Übereignung seiner Selbst an einen Herrn mit der Absicht einer materiellen Versorgung als Gegenleistung für den Dienst. Dies ist, wenn es ein Armer aus Not tut, ein schandbarer aber oft notwendiger Akt, damit der Herr seine Fürsorge ausüben kann. Die Freiheit kann er hierbei verlieren. Wenn es ein Edler tut, welcher dann auch ein Lehen erhält, ist es eine Bezeugung seiner Treue zum Herrn und bedarf der Hochachtung. Auch mag sich dergleichen ehrenvoll ein Mann seinem Herrn als Vasall anvertrauen, auch ohne ein Lehen zu erhalten, wenn ihm der Dienst anderweitig vergolten wird. Die Freiheit soll dem Freien dabei erhalten bleiben.

Lehnsauftragung
Die Übertragung von Eigengut (Allod) an einen Herrn, der dieses Eigengut und vielleicht weitere Lehen, unmittelbar als Lehen an den bisherigen Eigentümer zurückgibt. Dies kann als Treueakt, wie die Kommendation eines edlen Vasallen, oder auch als Wohltat oder als Zwang bei Schuld oder Unterwerfung erfolgen.

Verlustigkeit eines Lehens
Ein Lehen kann verlustig gehen, wenn eines der folgenden oder gelichwertige Vergehen begangen wurde.
- Wenn jemand seinen Herrn in der Schlacht im Stich lässt, ohne dass der Herr tot wäre oder wenigstens tödlich verletzt.
- Wenn jemand seinen Herrn beleidigt (oder sich bemüht, das zu tun), indem er ein Verhältnis mit dessen Frau eingeht oder mit der Tochter oder auch der Tochter des Sohnes schläft.
- Wenn jemand seinen Herrn oder die Burg seines Herrn angreift, obwohl er weiß, dass der Herr oder die Herrin gerade dort sind.
- Wenn jemand den Bruder seines Herrn oder den Neffen, also den Sohn des Bruders, umbringt.
- Wenn jemand mehr als die Hälfte seines Feudum (Lehen) hat verpfänden müssen.



Besonderheiten

Mehrfachvasallität
Der Empfang mehrerer Lehen unterschiedlicher Lehnsherren ist möglich, wobei darauf geachtet werden sollte, dass die Herren nicht im Streite miteinander liegen. Im Streite kann sich der Lehnsnehmer nicht am Streite beteiligen oder muss sich für den Herrn der höheren Ordnung entscheiden. Auch kann er sich von einem Treueschwur freisagen lassen und so dem anderen Herrn dienen.

Zusätzliche Rechte und Pflichten
Ein Lehen kann mit bestimmten zusätzlichen Rechten und Pflichten ausgestattet werden. So kann aus einem Dienstlehen ein Erblehen werden oder aus einem gewöhnlichen Lehen ein Schupflehen. Auch können Abgaben und andere Pflichten auferlegt werden.

Aufstieg in der Heerschildordnung
Die Ordnung soll gewahrt werden. Es mag aber sein, dass ein Graf, welcher ein fürstliches Lehen hält, selbst zum Fürsten wird. Somit muss er von seinem alten Lehen lossagen oder dies auf seinen Erben übertragen.

Abstieg in der Heerschildordnung
Wenn ein Heer in der Ordnung absteigt und somit im Heerschild seiner Lehnsmannen geführt wird, so muss er diese entbinden. Es sei denn, er überträgt die Lehen mit Zustimmung seiner Lehnsmannen auf einen höheren Herrn, welcher die Lehen wieder bestätigt und fortführt. Hierfür mag ihm der Heer andere Lehen zurückgeben.

Ausnahmen der Heerschildordnung
Es mag Ausnahmen zu dem vorgesagten geben. Sie bedürfen jedoch der Zustimmung des Königs, des betreffenden Herren und der Lehnsmannen.



III

Handgang
Bei der Kommendation kniet der Mann vor dem Herrn und legt die gefalteten Hände in dessen Hände. Die ist das Symbol dafür, dass er sein Leben in die Hände des Herrn gibt.
In Eichenwall werden zuvor dem Herrn Schild, Mantel und Schwert übergeben. Dies bezeugt dass Vertrauen in den Herrn, dass dieser seinen Mann nun schütz, im Obhut (Schirm) in der Not gewährt und für ihn streitet.

Investitur
Die Einsetzung in das Lehen kann durch Wort oder Urkunde erfolgen. Symbolisch können Fahnen, Steine, Erde oder andere Symbole für das Lehen übergeben werden.
In Eichenwall erhält der Mann vom Herrn zudem Schild, Mantel und Schwert (zurück). Dies bezeugt, dass der Mann nun das Lehen schützen muss, den Bewohner Obhut in der Not gewährt und für seinen Herrn Kriegsdienst leisten muss.

Kommendation aus materieller Not
Urkundenformel: „Der sich in die Gewalt eins anderen kommendiert. An den großmütigen Herren …, ich … Da es allen wohlbekannt ist, dass es mir an Nahrung und Kleidung fehlt, habe ich mich bittend an Euer Erbarmen gewendet und habe frei beschlossen, mich in Eure Herrschaft zu begeben, dass heißt zu kommendieren. Und das habe ich getan; es soll so sein, dass Ihr mir mit Speise und Kleidung helft und mir Unterhalt gebt, und zwar in dem Maße, wie ich Euch dienen und mir damit Eure Hilfe verdienen kann. Bis zu meinem Tod muss ich Euch dienen und gehorchen, so wie ich es als freier Mann vermag, und zeit meines Lebens werde ich mich Eurer Gewalt oder Herrschaft nicht entziehen können, sondern ich werde, solange ich lebe, unter Eurer Gewalt und Eurem Schutz bleiben. Und so sind wir übereingekommen, dass derjenige von uns beiden, der sich diesen Abmachungen entziehen wollte, seinem Vertragspartner …. Solidi zahlen muss und dass die Vereinbarung selbst in Kraft bleibt. Daher schien es angebracht, dass die Parteien zwei Urkunden gleichen Inhalts verfassen und bestätigen. Und so haben sie es getan.“


So sei dies eine Zusammenfassung des Rechtes, wie es regelmäßig und seit Alters her in Eichenwall gehalten und gesprochen wird. Es sei aber gesagt, dass vieles im Besonderen geregelt und manches von Herren und Knechten anders vereinbart und gelebt wird. Im Streite mag daher stets der König als oberster Lehnsherr mit seinem letzten Worte Recht sprechen.

Niedergeschrieben zu Tornhaim im Opfermond des Jahres 1214 durch Eickhart von Birkenhain, im Auftrag und im Wohlwollen des Herrn Elgar, Freiherr von Klammenstein, Herr von Vindarn und Tornhaim.
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